915 Witte Wiewekes

Grafschafter Geschichten

Witte Wiewekes

An einem Sonntagmorgen waren alle Bewohner des Hofes Wolberink in Hesingen zur Kirche gegangen. Nur die Großmutter, die sich nicht gut fühlte, war zu Hause geblieben. Plötzlich hörte sie auf der Diele laute Stimmen und Gekicher. Als sie sich näherte, sah sie mehrere ganz weiß gekleidete Frauen, die ein Feuer machten.


Ängstlich bat Oma Wolberink, sie möchten das Feuer löschen, das Haus würde sonst bestimmt abbrennen. Doch die Frauen lachten nur. Tatsächlich züngelten die Flammen an Heu und Stroh entlang. Doch sie setzten diese nicht in Brand. Da wusste die alte Frau, dass sie Besuch von witten Wiewekes hatte.


Diese lebten früher in unterirdischen Höhlen rund um Uelsen und Wilsum. Sie trugen leichte, wallende, weiße Kleider. Besonders an kühlen Herbstabenden verließen sie ihre Wohnungen und schwebten mit den weißen Nebelschwaden über Heide und Wiesen. Sie waren oft harmlos. Nur wenn man sie reizte, ihnen Schimpfworte zurief oder Stöcke gegen ihre Wohnhöhlen schleuderte, konnten sie sehr wütend werden. Dann verfolgten sie den Übermütigen mit einem Beil in der Hand. Manchmal rissen sie auch dem Pferd, auf dem der Übeltäter floh, den Schwanz aus.


Von Zeit zu Zeit klopften sie bescheiden an die Tür eines Bauernhauses und verlangten eine Katze. Diese schlachteten und brieten sie auf der Stelle. Wenn der Bauer ihnen keine Katze geben wollte, dann töteten sie nachts mit glühenden Zangen alle Schweine im Stall.


Gelegentlich brachten sie auch junge Wöchnerinnen in ihr unterirdisches Reich. Sie zwangen dort die Frauen, kleine Hunde zu stillen. Oder sie raubten junge Mädchen, die sie wie Sklaven für sich arbeiten ließen. Einmal sandten die Gildehauser Wiewekes eines der entführten Mädchen zum Einkaufen nach Oldenzaal.


Sie hatten ihm allerdings bei schwerer Strafe verboten, den Menschen etwas über ihr Reich zu erzählen. Das Mädchen wagte nicht, gegen das Verbot zu verstoßen, es klagte jedoch einem Stein sein Leid. Zufällig hörten das vorübergehende Bürger. Diese riefen viele Menschen zusammen, die sich bewaffneten und dem Mädchen heimlich folgten. Sie gelangten tatsächlich zu einer unterirdischen Burg.


Sie zerstörten die Burg. Doch die Witten Wiewekes waren längst weitergezogen und hatten ein neues Versteck gefunden.

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